Sepp Schleicher Geschichte Teil 1

4 Fortsetzung von Seite 3 schmerzhaften Umständen aus- gesetzt, die aus impulsiven Be- ziehungsturbulenzen seiner Eltern resultierten. Sepp Schleichers Mutter Anneliese, geb. Schliede- rer, wurde 1924 geboren. Sie war eine sehr attraktive Frau, hübsch, selbstbewusst, blaue Augen und von ihrer Persönlichkeit her ein sehr starker Charakter. Sie war im Dritten Reich als Jungschar- führerin engagiert, obwohl ihr Vater, der Eisenbahnangestellter war, eher antifaschistisch einge- stellt war. Da die Familie in der Nähe des Rangierbahnhofes leb- te, war das Haus ständigen Bom- benangriffen ausgesetzt, da Bahnhöfe beliebte Bombardie- rungsziele waren. So verbrachte Anneliese Schleicher viele, viele Nächte im Luftschutzkeller, die von Angst und Not getragen waren und die Familie auf ihren exis- tentiellen Zusammenhalt zurück- geworfen hat. In solchen Erleb- nissen spannt sich die Seele ei- nes Menschen auf, zwischen der Demut, das Schicksalhafte an- nehmen zu müssen und der gleichzeitigen Entschlossenheit, leben und überleben zu wollen. Genau dieses Spektrum war es, das Anneliese Schliederer zu ei- ner willensstarken, kriegerischen Natur heranreifen ließ, die im richtigenMoment aber auch nach- zugeben und sich anzupassen wusste. Alles schien zunächst konventionell Da sie im Krieg als Lazarett- schwester gearbeitet hatte, reifte sie in dieser Zeit im Umgang mit all den existentiellen Situationen zu einer souveränen Frau heran, die stets mutig und zuversichtlich nach vorne blickte und sich nicht scheute anzupacken, wo es et- was zu tun gab. Anneliese Schlie- derer war im Alter von zwanzig Jahren mit Ernst Donhauser liiert. Im zweiten Weltkrieg war er im Afrikakorps und anschließend in Gefangenschaft. Als er im Sep- tember 1945 nach Hause kam, haben die beiden schon einen Monat später im Oktober gehei- ratet. Ernst Donhauser neigte aufgrund seiner traumatischen und unverarbeiteten Kriegser- lebnisse zu Jähzorn und Gewalt- tätigkeit. Um das Überleben der Familie kämpfend, machte An- neliese Donhauser in einer alten Bretterbude im zertrümmerten Nürnberg einen Schuhladen auf, um dort etwas Geld zu verdienen, damit die Familie nicht hungern musste. 1948 wurde der erste Sohn Gerhard geboren und alles schien sich nach einem konven- tionellen Familienleben anzu- fühlen. p Sepp Schleicher im Alter von knapp vier Jahren. Bild: privat

RkJQdWJsaXNoZXIy NDYxMw==