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Manchmal können zwei Millimeter relevant
sein. Im Jahr 2000 beschloss die
International
Table Tennis Federation
, dass Tischtennisbälle
bei offiziellen Wettkämpfen einen Durchmes-
ser von 40 Millimeter haben müssen. Zuvor
waren es 38 Millimeter. Im Regelwerk wurde
diese Änderung zwar nicht begründet, aber
über die Motive gibt es wenig Zweifel: Die Bälle
sollten größer, dadurch langsamer und für die
Zuschauer in den Hallen und insbesondere vor
den Bildschirmen besser sichtbar werden. Sie
sollten also fernsehgerechter fliegen. Größere
Tischtennisbälle sind damit – so die Behaup-
tung – ein Beispiel für eine zunehmende Orien-
tierung des Sports an medialen Erfordernissen,
vor allem des Fernsehens.
Medienbedingte Veränderungen finden sich in
unterschiedlichen Sportarten – und dort auf
unterschiedlichen Stufen. Einen moderaten
Einfluss auf das sportliche Geschehen haben
Anpassungen der
Rhythmen
: Spieltage von Fuß-
ballligen werden mittlerweile auf mehrere Tage
und Uhrzeiten verteilt, damit Pay-TV-Kunden
möglichst viele Begegnungen live sehen kön-
nen; Skispringen finden abends unter Flutlicht
statt, da dies die bessere Sendezeit ist. Auch
die
Austragungsorte
werden mediengerechter
gestaltet: Stadien werden bisweilen als gigan-
tische Fernsehstudios bezeichnet. Den Medien
bieten sie ideale Arbeitsbedingungen, für die
Zuschauer gibt es Videoleinwände. An den
Ak-
teuren
gehen die Entwicklungen ebenfalls nicht
vorbei: Sportler werden nicht allein wegen ihrer
Leistungen anerkannt, auch Ausstrahlung und
Attraktivität sind wichtig.
Erhebliche Auswirkungen auf den Sport selbst
haben Änderungen von
Instrumenten
und
Re-
geln
oder gar die Einführung neuer
Wettkampf-
formen
: Größere Bälle gehören ebenso dazu wie
eine andere Zählweise bei der Punktevergabe
im Volleyball, spektakuläre Massenstartrennen
im Biathlon oder die Zusammenlegung von Ein-
zeldisziplinen im modernen Fünfkampf. Einige
dieser Neuerungen sind auch deshalb gravie-
rend, weil sie neben dem Spitzen- zusätzlich
den Breitensport betreffen. Und nicht nur der
Sport an sich verändert sich. Auch die verstärkt
emotionalisierende und dramatisierende Be-
richterstattung der Medien
über den Sport
hat
Folgen: Sport wird als spannender und bedeut-
samer wahrgenommen.
Aber warum passt sich der Sport eigentlich an?
Sportverbände und -ligen orientieren sich an
den Medien, um für diese – im Vergleich zu an-
deren Sportarten oder nicht-sportlichen Ereig-
nissen – attraktiver zu werden. Dabei ist öffent-
liche Aufmerksamkeit aber nicht das zentrale
Ziel, sondern das Geld, das sich mit ihr verbin-
det. Erfolgreiche Sportarten wie Formel 1 oder
Veranstaltungen wie die Olympischen Spiele
nehmen erhebliche Summen durch den Verkauf
von Übertragungsrechten ein. Zudem erleichtert
die öffentliche Wahrnehmung den Zugang zu
weiteren Finanzquellen wie etwa Sponsoren.
Wie verändern Medien den Sport?
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