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zu, dass die sozialen Kontakte einer Person
ausschließlich aus solch flüchtigen Online‐Be-
kanntschaften bestehen. Vielmehr hat sich
gezeigt, dass auch Online‐Kontakte – werden
sie über einen längeren Zeitraum aufrechter-
halten – Tiefe und Verbindlichkeit erreichen
und von den beteiligten Personen als den ‚Off-
line‐Beziehungen‘ gleichwertig angesehen wer-
den. Die Mechanismen, mit denen Tiefe und
Verbindlichkeit in der Online‐Kommunikation
erreicht und aufrechterhalten werden, sind
dabei lediglich anders, nicht aber besser oder
schlechter als bei der Offline‐Kommunikation.
Nicht selten ist es sogar zutreffend, dass diese
Internet‐Freundschaften von der reinen On-
line‐Ebene durch persönliche Treffen zusätzlich
in die Offline‐Welt überführt werden. Interes-
santerweise ist die Wahrscheinlichkeit dafür
gerade bei aktiven und starken Internetnutzern
besonders hoch. Daher zeigt sich auch bei Be-
kanntschaften, die zunächst im Netz begonnen
wurden: Offline- und Online-Kommunikation
ergänzen sich häufig. Die strikte Trennung in
Offline- und Online-Freunde ist somit auch in
diesem Bereich eher künstlich.
Zusammenfassend ist damit festzuhalten: Aus
kommunikationswissenschaftlicher Perspektive
kann Entwarnung gegeben werden. Chat-Kon-
takte und ‚Facebook-Freunde‘ verdrängen echte
soziale Beziehungen nicht. Wissenschaftlich
besser belegt ist stattdessen, dass Online‐ und
Offline‐Beziehungen oft aufeinander beruhen
und sich gegenseitig ergänzen.
Christina Schumann
&
Wo kann man das nachlesen?
Beck, K. (2006). Computervermittelte
Kommunikation im Internet. München:
Oldenbourg, S. 165-185.
Döring, N. (2010). Sozialkontakte online:
Identitäten, Beziehungen, Gemeinschaf-
ten. In: Schweiger, W. & Beck, K. (Hrsg.):
Handbuch Online‐Kommunikation. Wies-
baden: VS, S. 159-183.
Im Internet können wir Kontakte zu
Menschen knüpfen, die wir im
realen Leben nicht kennen. Aber es
gibt kaum Nutzer, deren soziale
Kontakte ausschließlich aus Online‐
Bekanntschaften bestehen.