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beobachten sich gegenseitig und nutzen sich
wechselseitig als Quellen. Einerseits werden
Medienthemen in Online-Communities disku-
tiert und weitergedreht, andererseits aber auch
eigenständige Inhalte produziert, die wiederum
von Journalisten aufgegriffen werden. Im Zuge
dieser Verschränkungen wandelt sich auch die
Beziehung zwischen dem Journalismus und sei-
nem Publikum. Es wird als Nutzer in und durch
soziale Medien sichtbar, kommentiert journa-
listische Beiträge und beteiligt sich – etwa als
BILD-Leserreporter – auch an journalistischer
Aussagenentstehung.
Journalistinnen und Journalisten werden dabei
nicht überflüssig. Wohl aber erbringen zuneh-
mend auch andere Akteure journalismusähnli-
che Leistungen. Der Journalismus versucht sich
hierauf einzustellen und sein ökonomisches
und publizistisches Geschäftsmodell weiterzu-
entwickeln. Zu den Paradoxien dieser Entwick-
lung gehört es, dass professioneller Journalis-
mus angesichts der Informationsflut online und
den bisweilen unübersichtlichen Quellenlagen
&
Wo kann man das nachlesen?
Loosen, W. & Schmidt, J.-H. (2012). (Re-)
discovering the audience. The relationship
between journalism and audience in net-
worked digital media. Information, Com-
munication & Society, 15 (6), S. 867-887.
Neuberger, C., Nuernbergk, C. & Rischke, M.
(2009). Journalismus im Internet: Pro-
fession – Partizipation – Technisierung.
Wiesbaden: VS.
Heute kann jeder Internetnutzer wie ein Journalist aktiv werden und eigene Inhalte publizieren – zum Beispiel
in den vielfältigen Angeboten des Web 2.0. Das macht Journalisten jedoch nicht überflüssig. Bei der steigen-
den Informationsflut können sie Orientierung bieten.
zwar mehr denn je gebraucht wird, im Netz
aber anscheinend nichts kosten darf. Für den
Journalismus bedeutet all dies eine Gratwan-
derung zwischen Innovationsfähigkeit und Be-
harrungsvermögen: Denn wenn alles eins und
professioneller Journalismus nicht mehr als
solcher zu erkennen ist, dann gibt es ihn auch
nicht mehr.
Wiebke Loosen, Hans-Bredow-Institut
für Medienforschung an der Universität Hamburg
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