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Die zunehmende Verbreitung des Internets und
der sozialen Medien wie Facebook, Twitter oder
YouTube haben die gesellschaftlichen Kommu-
nikationsverhältnisse grundlegend verändert.
Es ist einfacher geworden, Inhalte zu produzie-
ren und zu verbreiten. So kann im Prinzip jeder,
der Zugang zum Internet hat, wie ein Journa-
list aktiv werden und eigene Inhalte publizie-
ren. In dieser Hinsicht besitzen soziale Medien
ein erhebliches (technisches) Partizipationspo-
tenzial. Wenn man so will, könnte das Web 2.0
also den in Deutschland aus dem Grundgesetz
abgeleiteten Umstand, dass „Journalist“ keine
geschützte Berufsbezeichnung und der Zugang
zum Beruf offen ist, „mit Leben füllen“, jeder
sich prinzipiell Journalist nennen und als sol-
cher tätig sein.
De facto hat sich der Beruf der Journalistin und
des Journalisten aber immer weiter professio-
nalisiert. Daher ist im Allgemeinen, wenn von
Journalismus die Rede ist, der professionelle,
meist in Redaktionen organisierte Journalis-
mus gemeint. Zu seinen zentralen Leistungen
für die Gesellschaft gehört die Vermittlung
von Informationen, die zur Meinungsbildung
beitragen (sollen). Gleichwohl sind journa-
listische Inhalte nicht immer eindeutig von
anderen Formen öffentlicher Kommunikation
zu unterscheiden – und Journalisten nicht im-
mer von anderen Kommunikatoren. Auch sind
journalistische Kerntätigkeiten wie Recherchie-
ren, Selektieren, Schreiben und Redigieren so
universell, dass sie nicht nur im Journalismus
Anwendung finden. Abgrenzungsprobleme und
unscharfe Ränder gehören also von jeher zum
Journalismus.
Unter den Bedingungen des Internets und so-
zialer Medien wird die Lage allerdings noch un-
übersichtlicher: Zahlreiche neue Anbieter von
Informationen sind hinzugekommen, die ähnli-
che Vermittlungsleistungen erbringen (können)
– unter anderem soziale Netzwerke, Weblogs
und Suchmaschinen. Den Wettbewerb auf dem
Markt öffentlicher Kommunikation tragen tra-
ditionelle Massenmedien also nicht mehr allein
unter sich aus.
Allerdings zeigt die Forschung, dass journalis-
tisch-professionell produzierte Inhalte nach wie
vor einen großen Teil der Verweise in sozialen
Medien sowie der Suchmaschinentreffer aus-
machen und damit auch im Internet viel Auf-
merksamkeit erhalten. Um diese konkurrieren
sie aber auch mit nutzergenerierten Inhalten,
die grundsätzlich auch ein Massenpublikum
erreichen können. Meist ist dies aber gar nicht
beabsichtigt, denn es geht in derartiger „Lai-
enkommunikation“ häufig umThemen von
persönlicher Relevanz, die nur ein kleines, per-
sönliches Publikum ansprechen sollen.
Insgesamt entstehen dabei aber vielfältige
Verschränkungen zwischen sozialen Medien
und dem professionellen Journalismus: Jour-
nalistische und nicht-journalistische Akteure
Macht das Web 2.0
Journalisten überflüssig?
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