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Umfragen werden in der Kommunikationswis-
senschaft und der demoskopischen Praxis täg-
lich eingesetzt. Und kaum ein Tag vergeht, an
dem nicht die Ergebnisse repräsentativer Mei-
nungsumfragen in den Medien referiert wer-
den. Doch kann man diesen Umfragen glauben?
Die Verlässlichkeit und Glaubwürdigkeit von
Umfragen hängt wesentlich von zwei Kriterien
ab: Auswahl und Zusammensetzung der Stich-
probe (Wer wurde befragt und wie wurde diese
Gruppe ausgewählt?) sowie der Durchführung
der Befragung (Was wurde genau gefragt und in
welcher Situation?). Die Befragten stehen in der
Regel für eine sehr viel größere Gruppe – die so
genannte Grundgesamtheit, zum Beispiel alle
Deutschen über 14 Jahre.
Um zu gewährleisten, dass eine kleine Gruppe
die Grundgesamtheit repräsentiert, muss man
sie nach spezifischen Kriterien auswählen. Am
besten ist es, eine Zufallsauswahl zu treffen –
nach wissenschaftlichen Kriterien heißt das,
hoch systematisch auszuwählen. Außerdem
muss sichergestellt sein, dass ein ausreichend
großer Anteil der ausgewählten Personen (min-
destens 70 Prozent) auch tatsächlich an der
Umfrage teilnimmt, um systematische Ergeb-
nisverzerrungen zu vermeiden.
Bei der Durchführung der Befragung sind zwei
Dinge besonders wichtig: Zum einen ist der
Grad der Standardisierung entscheidend,
also die Vereinheitlichung und damit die Ver-
gleichbarkeit der einzelnen Interviews. Je bes-
ser diese gelingt, umso verlässlicher sind die
Ergebnisse.
Darüber hinaus muss die Frageformulierung
den inhaltlichen Fokus des Forschenden klar
wiedergeben und auf die Auskunftsbereitschaft
und -fähigkeit der Befragten Rücksicht neh-
men. Also: Wollen die Befragten sich äußern,
oder handelt es sich um einen Themenbereich,
bei dem ausweichende oder sozial erwünschte
Antworten wahrscheinlich sind? Und: Können
sich die Befragten äußern – erinnern sie sich
an das Erfragte, haben sie eine Meinung dazu,
oder wird sie spontan in der Umfrage gebildet?
Ein intelligenter Fragebogen kann dabei helfen,
die „wahren“ Antworten der Befragten zu er-
mitteln.
Man kann Umfragen also durchaus glauben,
wenn sie gut vorbereitet, organisiert und durch-
geführt wurden. Dies kann man allerdings nur
beurteilen, wenn die entsprechenden Informa-
tionen über Grundgesamtheit, Stichproben-
größe und -auswahl, Fragenformulierung etc.
transparent gemacht werden. Genau das ist
aber leider nicht immer der Fall.
Daniela Schlütz, Hochschule für Musik,
Theater und Medien Hannover
& Wiebke Möhring, Hochschule Hannover
Kann man Umfragen glauben?
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