120
Medientechnologien haben die Kommunikati-
on zwischen Ländern und Kontinenten in den
letzten 200 Jahren immer mehr beschleunigt
und damit zu einer globalen Vernetzung der
Menschen beigetragen. Im 19. Jahrhundert ver-
legten die europäischen Kolonialmächte, allen
voran Großbritannien, kontinentale Unterwas-
serkabel, über die zunächst mit Hilfe von Tele-
graphen Morse-Zeichen übertragen wurden. So
hat sich die Übermittlung einer Nachricht von
London nach Indien zwischen 1800 und 1900
von mehreren Wochen Schiffsfahrt auf rund
30 Minuten verkürzt. Im 20. Jahrhundert hat
sich die Nachrichtenübermittlung schrittweise
bis zur Live-Kommunikation beschleunigt und
vom gesprochenen Wort über Musik und Stand-
bilder bis hin zu Bewegtbildern (Filmen, Fern-
sehsendungen, Internet-Videos) ausgedehnt.
Maßgeblich dafür waren die Einführung der
Satellitentechnik seit den 1960er Jahren sowie
das Internet, das seit Mitte der 1990er Jahre
zunächst in den Industrieländern eine immer
weitere Verbreitung erfährt.
Medien sind jedoch mehr als Übertragungs-
technologien und Endgeräte. Sie sind auch
Organisationen, die mit Hilfe dieser Technolo-
gien bestimmte Formen von Kommunikation
ermöglichen und bereitstellen. In der Zeit nach
dem Zweiten Weltkrieg versorgten Auslands-
Hörfunksender wie der BBC World Service oder
die Deutsche Welle Menschen außerhalb ihres
Herkunftslandes mit Nachrichten, Musik und
Spielsendungen. Seit Mitte der 1980er Jahre
sind global agierende Fernsehnachrichtensen-
der entstanden, die auf ein global verstreutes,
englischsprachiges Publikum zielen. Dazu zäh-
len als Marktführer CNN International und
BBC World sowie Al Jazeera English, France 24,
Russia Today, der chinesische Sender CCTV-9,
Deutsche Welle-TV und eine Reihe weiterer
Sender. Darüber hinaus erreichen eine Reihe
englischsprachiger Printmedien ein weltweites
Elitepublikum, etwa der „Economist“ und die
„Financial Times“ aus Großbritannien. Auch
Facebook und Twitter sind globale Medienor-
ganisationen. Sie erzeugen zwar kein eigenes
Programm, ermöglichen durch ihre Dienste
aber ebenfalls grenzüberschreitende Freund-
schafts- und Kooperationsnetzwerke bzw. den
globalen Austausch von Kurzinformationen
und Internet-Links.
Die Entwicklung der Medientechnologien und
die Entstehung globaler Medienorganisationen
sprechen also dafür, dass Medien zur Globali-
sierung beitragen. Allerdings machen die grenz-
überschreitenden Medienangebote bislang
in den meisten Ländern nur einen kleineren
Teil des Medienmenüs der Menschen aus. Die
meisten Menschen bevorzugen einheimische
Anbieter und Inhalte. Auch die Kommunikation
über Webseiten und soziale Netzwerkplattfor-
men ist entgegen der landläufigen Vermutung
häufig lokal oder regional begrenzt. Der Anteil
ausländischer Kontakte in Freundschaftsnetz-
Tragen Medien zur Globalisierung bei?
49