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Medienhandeln findet im Wesentlichen zuhau-
se statt und ist mit vielen Facetten des Alltags
verwoben. Neue Medien verbreiten sich mas-
senhaft, wenn sie in die Wohnungen der Men-
schen einziehen und von den Nutzerinnen und
Nutzern in ihren Alltag integriert werden. Dies
galt für das Radio in den 1930er Jahren, für das
Fernsehen in den 1950er Jahren und ebenso
für das Internet in den 2000er Jahren.
Das Internet war in seiner Anfangszeit mit dem
Arbeitsleben verbunden, wurde in diesem Rah-
men aber nur von einer Minderheit genutzt.
1997 waren erst sieben Prozent der Bevölke-
rung in Deutschland online – und dies vorwie-
gend bezogen auf Studium und Beruf. Seine ra-
sante Verbreitung in den Folgejahren verdankt
das Internet wesentlich der privaten Nutzung,
denn immer mehr Menschen entschieden sich,
es zuhause zu installieren. Als 2003 über 50
Prozent, 2007 über 60 Prozent der Bevölkerung
online waren, hatten die meisten Onliner einen
Zugang zuhause, nämlich rund 90 Prozent.
Damit war das neue Medium an dem Ort ver-
fügbar, an dem Männer und Frauen als Paar
zusammenleben, und seine Nutzung beein-
flusst seitdem den gemeinsamen häuslichen
Alltag. Dies kann durchaus mit Komplikationen
einhergehen. Wenn ein neues Medium Teil des
häuslichen Zusammenlebens wird, müssen
Paare Übereinkünfte treffen, an welchen Or-
ten, zu welchen Zeiten, mit welchen Inhalten
sie dieses nutzen. Zu Beginn der 2000er Jahre
teilten sich die meisten Paare noch einen einzi-
gen, stationären PC, der in der Regel in einem
abgetrennten Raum stand, zum Beispiel im
Arbeitszimmer, in einer Flurnische oder auch
im Keller. So mussten Nutzungszeiten abge-
sprochen werden und je mehr Zeit für E-Mails,
eBay oder Online-Banking aufgewandt wurde,
desto seltener trafen sich Mann und Frau in
den Gemeinschaftsräumen. Die alltägliche
Kommunikation litt. Wenn PC und Internet
vor allem die Domäne des Mannes waren, was
auf viele Haushalte anfänglich zutraf, trennten
sich die Medieninteressen des Paares. Zudem
blockierten die Modems der Vor-DSL-Zeit die
Telefonleitungen, was zu ständigen Konflikten
– auch mit den Kindern – führte.
Die meisten Paare haben nach und nach Um-
gangsweisen gefunden, das neue Medium in
ihren Alltag zu integrieren. Durch die Anschaf-
fung mehrerer Computer oder Laptops, durch
DSL und W-Lan haben sich viele Problemfelder
aufgelöst. Die technischen Neuerungen und die
enorme Vervielfältigung der internetfähigen
Geräte in den Wohnungen werfen aber auch
neue Fragen auf. Inzwischen haben Mann und
Frau oft persönliche Laptops und Smartphones
und nutzen diese mobil an vielen Orten in-
Wird das Zusammenleben
von Frauen und Männern
durch das Internet komplizierter?
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