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Wie deutsche Journalisten aussehen, kann man
jeden Tag im Fernsehen studieren, wenn Mode-
ratorinnen und Moderatoren Nachrichtentexte
präsentieren oder Top-Journalisten die TV-
Talkshows bereichern. Aber diese Gruppen sind
gewiss nicht typisch für ‚den’ Journalisten – ei-
nerseits. Andererseits: ‚Den’ Journalisten gibt
es gar nicht. Denn der Journalismus ist ein viel-
fältiges Berufsfeld, das sich außerdem an den
Rändern mit anderen Kommunikationsberufen
überschneidet, zum Beispiel mit Pressespre-
chern, Dokumentarfilmern oder neuerdings
Social Media Managern.
Die Frage nach dem typischen deutschen Jour-
nalisten kann man also nur annäherungsweise
beantworten, indem man Durchschnittswerte
aus repräsentativen Befragungen von Jour-
nalisten betrachtet. Eine solche Studie haben
wir zuletzt im Jahre 2005 durchgeführt. Sie
zeigt folgendes Bild: Der typische Journalist
in Deutschland ist ein 41 Jahre alter Mann,
der aus der Mittelschicht stammt, ein Studium
und ein Volontariat absolviert hat, bei einer
Zeitung arbeitet, fest angestellt ist, in einer
Partnerschaft lebt, kinderlos ist und im Monat
etwa 2300 Euro netto verdient. Mit diesem
Holzschnitt sind die relativen Mehrheitsver-
hältnisse unter den rund 48 000 Personen
beschrieben, die 2005 in Deutschland haupt-
beruflich in oder für die aktuellen Medien
gearbeitet haben. Hinter den Daten verbirgt
sich aber natürlich eine große Vielfalt von Kar-
rieren, Tätigkeiten, Arbeitsbedingungen sowie
beruflichen und politischen Einstellungen.
Zwischen 1993 und 2005 – als die Studie
„Journalismus in Deutschland“ zum ersten Mal
durchgeführt wurde – ist die Zahl der hauptbe-
ruflichen Journalisten um etwa 6000 gesunken.
Gleichzeitig aber stieg die Anzahl und Band-
breite von Blättern und Programmen deutlich
an. Es gibt inzwischen eine fast unübersehbare
Vielfalt von Rubriken und Ressorts, in denen
die Journalistinnen und Journalisten arbeiten.
Sie reicht von Auto, Beauty und Bildung über
Entertainment, Ernährung und Erotik sowie
Ratgeber, Recht und Regionales bis hin zu Ver-
kehr, Wissen und Wohnen.
Der Anteil von Frauen ist zwischen 1993 und
2005 zwar um fast 20 Prozent auf etwa 37 Pro-
zent gestiegen. Doch das weibliche Geschlecht
ist in den höheren Positionen der Medien nach
wie vor stark unterrepräsentiert. Der Jour
nalismus wird also weiterhin von Männern
dominiert. Rund drei Viertel der Journalisten
arbeiten in fester Anstellung. Mit etwa 12 000
freien Mitarbeitern liegt der Anteil der Frei-
berufler bei 25 Prozent – wobei das Heer der
‚Proams’, der professionellen Amateure, hier
nicht gezählt wurde: Leute wie Weblogger, die
nebenberuflich Journalismus machen, oder Per-
sonen, die ihr Haupteinkommen durch Public
Relations verdienen, weil sie vom Journalismus
allein nicht leben können.
Wie sieht der typische
deutsche Journalist aus?
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